Themendienst_2021_01

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Themendienst Arten- und Habitatschutz (Januar 2021)

1.) EU-Kommission (KOM) verschärft das EU-Vertragsverletzungsverfahren 2019/2145 zur „Verschlechterung des Erhaltungszustandes der Mähwiesen“ in Deutschland:

Die KOM hat am 30.10.2020 der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des seit 2019 laufenden Vertragsverletzungsverfahrens (VVV) Nr. 2019/2145 eine „mit Gründen versehenen Stellungnahme“ übermittelt. Dieser Verfahrensschritt ist als direkte Vorstufe für ein Klageverfahren beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) anzusehen, falls die Antwort Deutschlands die KOM nicht überzeugt. Die Antwortfrist beträgt lediglich 2 Monate.

Inhaltlich werden die bisherigen Kritikpunkte aus dem ursprünglichen Mahnschreiben der KOM vom 25.07.2019 beibehalten und konkretisiert (siehe Themendienst 10.2019) . Angesichts einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes (EHZ) der FFH-Lebensraumtypen (LRT) "Flachland-Mähwiesen" (LRT 6510) und "Berg-Mähwiesen" (LRT 6520) in Deutschland ist die KOM weiterhin der Auffassung, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen die Verpflichtungen der FFH-Richtlinie verstoßen hat. Deutschland habe allgemein und strukturell versäumt, geeignete Maßnahmen zur Vermeidung einer Verschlechterung der beiden LRT 6510 und 6520 in den dafür ausgewiesenen FFH-Gebieten zu treffen. Außerdem habe Deutschland versäumt, der Kommission aktualisierte Daten zu den beiden LRT in den dafür ausgewiesenen FFH-Gebieten zu übermitteln.

In diesem Zusammenhang kritisiert die KOM vor allem, dass in den meisten Bundesländern die Regelungen zur landwirtschaftlichen Grünlandnutzung (v.a. Düngung und Mahdhäufigkeit betreffend) nicht in den Schutzgebietsverordnungen verankert sind, sondern nur unverbindlich über die Bewirtschaftungspläne festgelegt werden. Hintergrund für diese Art der Regelung in Deutschland ist der Vertragsnaturschutz: Maßnahmen im Grünland werden in der Regel durch die Landnutzer auf der Basis freiwilliger vertraglicher Vereinbarungen umgesetzt. „Die Kommission ist jedoch der Auffassung, dass Vorgaben in den rechtlich nicht verpflichteten Bewirtschaftungsplänen, unbestreitbar verbindliche Ge- und Verbote hinsichtlich der Mahd und Überdüngung nicht ersetzen können.“ Bei Umsetzung eines generellen ordnungsrechtlichen Verbotes, wie es der KOM offenbar vorschwebt, wären entsprechende Vertragsnaturschutzmaßnahmen jedoch nicht mehr förderfähig. Im Ergebnis käme dies einer Abschaffung der seit vielen Jahren bewährten Praxis des Vertragsnaturschutzes gleich.

 

2.) EU-Kommission (KOM) bemängelt Waldbewirtschaftung in Natura 2000-Gebieten in Polen, Slowakei und Rumänien

In mehreren Vertragsverletzungsverfahren hat die KOM in den vergangenen Monaten die aus ihrer Sicht unzulässige Waldbewirtschaftung in Natura 2000-Gebieten in den Fokus genommen. So hat die KOM am 03.12.2020 beschlossen, Polen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu verklagen, weil das Land es versäumt habe, Waldlebensräume und Waldarten angemessen zu schützen. Mit Hinweis auf die Vorschriften der FFH-Richtlinie (FFH-RL) und der Vogelschutzrichtlinie müssten bei Waldbewirtschaftungsplänen, die Holzeinschlag regeln, vor deren Genehmigung die Auswirkungen auf Natura 2000-Gebiete geprüft werden. Im Falle Polens wird zwar eine solche Verträglichkeitsprüfung durchgeführt, doch sehen die polnischen Rechtsvorschriften keinen Zugang zu Gerichten im Hinblick auf diese Pläne vor. Da die Pläne erhebliche Auswirkungen auf Natura 2000-Gebiete haben können, verfüge die Öffentlichkeit somit nach Auffassung der KOM über keinen wirksamen Rechtsschutz. Zudem habe Polen die Waldbewirtschaftung im Jahr 2016 von der Einhaltung der strengen Artenschutzvorschriften der Natura 2000-Richtlinien ausgenommen, was ebenfalls den notwendigen Schutz beeinträchtige.

Bereits im Juli 2020 hatte die KOM in einem anderen Verfahren beschlossen, die Slowakei wegen unterlassener Bewertung der Auswirkungen des Sanitärhiebs auf Natura 2000-Gebiete und wegen unterlassener Maßnahmen zum Schutz des Auerhuhns vor dem EuGH zu verklagen. In diesem Fall bemängelte die KOM, dass die Vorschriften des Artikels 6 Absatz 3 FFH-RL zur FFH-Verträglichkeitsprüfung sowie das Verschlechterungsverbot des Artikels 6 Absatz 2 FFH-RL nicht zur Anwendung kamen. Hintergrund hierfür waren umfangreiche Holzeinschläge in Natura 2000-Gebieten, die als Sanitärhiebe als Reaktion auf Waldstörungen durch Borkenkäferbefall oder Sturmschäden vorgenommen wurden. Infolgedessen ist nach Erkenntnis der KOM die Auerhuhn-Population in den Vogelschutzgebieten der Slowakei um die Hälfte zurückgegangen.

In einem weiteren Verfahren vom Juli 2020 wurde Rumänien durch die KOM aufgefordert, illegalen Holzeinschlag zu bekämpfen und Wälder in den Natura 2000-Gebieten besser zu schützen. Ausgehend von der EU-Holzverordnung (Verordnung (EU) 995/2010), deren Umsetzung in Rumänien nicht ordnungsgemäß erfolgt sei, stellte die KOM fest, dass die rumänischen Behörden Wälder bewirtschaften, unter anderem durch Genehmigung des Holzeinschlags, ohne zuvor die Auswirkungen auf geschützte Lebensräume gemäß der FFH-RL zu prüfen. Auch in diesem Fall bestünden Mängel beim Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen in den Waldbewirtschaftungsplänen. Die KOM stellte ferner fest, dass durch den Verstoß gegen die Natura 2000-Richtlinien geschützte Waldlebensräume in den Natura 2000-Gebieten verloren gegangen seien.

Fazit: Für die Zukunft lässt die Vorgehensweise und Argumentation der KOM auch bezüglich der Waldbewirtschaftung in den Natura 2000-Gebieten in Deutschland eine ähnlich strenge Beurteilung sowie gegebenenfalls weitere Vertragsverletzungsverfahren erwarten.

Weitergehende Informationen zu den drei Verfahren können auf der Homepage der KOM heruntergeladen werden unter:

https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_20_2152

https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_20_1232

https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/INF_20_1212

 

3.) Oberverwaltungsgericht Bautzen zur Notwendigkeit einer FFH-Verträglichkeitsprüfung für Forstwirtschaftspläne (OVG Bautzen, Beschluss v. 09.06.2020, 4 B 126/19):

Im Zusammenhang mit der forstwirtschaftlichen Nutzung in Natura 2000-Gebieten hat das OVG Bautzen entschieden, dass ein Forstwirtschaftsplan als Projekt im Sinne der FFH-Richtlinie anzusehen ist, wenn anhand objektiver Umstände nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Gebiet erheblich beeinträchtigt wird. Unter diesen Umständen muss für den Forstwirtschaftsplan eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nach § 34 Absatz 1 Satz 1 BNatSchG durchgeführt werden.

Im konkreten Fall hat ging es um einen vom Stadtrat der Stadt Leipzig beschlossenen Forstwirtschaftsplan für den Leipziger Auwald, in dessen Geltungsbereich sich auch ein FFH- und Vogelschutzgebiet befinden. Von den im Forstwirtschaftsplan vorgesehenen forstwirtschaftlichen Maßnahmen (Femelungen, Durchforstungen, Sanitärhiebe usw.) ist eine Fläche von 164,3 ha betroffen. Bereits aufgrund des Umfangs der Maßnahmen lag es für das Gericht auf der Hand, dass deren Umsetzung den Erhaltungszustand eines vorhandenen Lebensraums verändern wird, was nach Lage der Dinge auch Folgerungen für den Erhaltungszustand der Vogelfauna, etwa infolge des Wegfalls von Nistmöglichkeiten, zeitigen kann. Nach Auffassung des OVG bestanden daher keine vernünftigen Zweifel, dass die Maßnahmen eine erhebliche Beeinträchtigung des Gebiets bewirken können; die Gewissheit, dass nachteilige Folgen ausbleiben, konnte sich der Senat jedenfalls nicht verschaffen (vgl. RdNr. 64).

Fazit: Das Urteil des OVG Bautzen hat bundesweit Signalwirkung für die Aufstellung von Forstwirtschaftsplänen. In der Konsequenz dürfte es weitreichende Folgen für staatliche wie private Forstämter sowie für die Waldnutzung in den Natura 2000-Gebieten haben.

Die Entscheidung kann in der Entscheidungsdatenbank Sachsen heruntergeladen werden unter:

https://www.justiz.sachsen.de/ovgentschweb/document.phtml?id=5890

 

4.) Fachinformationssystem „FFH-Verträglichkeitsprüfungen in NRW“: neues Screeningmodell zur Ermittlung der Stickstoffbelastung von Lebensraumtypen durch Pläne und Projekte

Das Fachinformationssystem (FIS) „FFH-Verträglichkeitsprüfungen in NRW“ steht seit Ende Oktober 2020 aktualisiert online zur Verfügung. Es bietet ein Online-Verfahren für die Protokollierung der Verträglichkeitsprüfungen (VP) durch die am Verfahren Beteiligten (Antragsteller/Gutachter, Naturschutzbehörde, Genehmigungsbehörde/Planungsbehörde). Ein häufiger und bedeutender Wirkfaktor mit möglichen negativen Auswirkungen auf Natura-2000-Gebiete sind Stickstoffeinträge durch Pläne und Projekte. Erstmalig beinhaltet das FIS nunmehr auch ein Screeningmodell für Ausbreitungsrechnungen von Stickstoffemissionen.

Das FIS kann mit Hilfe dieses Screeningmodells Stickstoffeinträge in Form von Flächenbelastungen und Isolinien ermitteln, darstellen und dokumentieren. Die Höhe des Stickstoffeintrags wird lebensraumtypenbezogen nicht nur für das eigene Projekt ermittelt und dokumentiert, sondern es wird auch die Gesamthöhe der Stickstoffeinträge in Summation für die stickstoffempfindlichen Lebensraumtypen im jeweiligen Natura-2000-Gebiet angezeigt. Wenn durch das geplante Vorhaben mit Stickstoffemissionen zu rechnen ist, können Antragsteller oder Behörden in wenigen Schritten und ohne vertiefende Kenntnisse eine Ausbreitungsrechnung für zum Beispiel eine geplante Tierhaltungsanlage durchführen.

Das FIS „FFH-Verträglichkeitsprüfungen in NRW“ kann aufgerufen werden unter:

https://ffh-vp.naturschutzinformationen.nrw.de/ffh-vp/de/start

Weitere Informationen zum Screeningmodell finden Sie hier:

https://ffh-vp.naturschutzinformationen.nrw.de/ffh-vp/de/aktuelles/sreeningmodell

 

5.) Oberverwaltungsgericht Münster zur Methodik von Bestandserfassungen (OVG Münster, Beschluss v. 15.07.2020, Az.: 8 B 1600/19):

Das OVG Münster hat sich in einem Verfahren, bei dem es um die Genehmigung von Windenergieanlagen (WEA) ging, mit der Methodik von Bestandserfassungen und deren Dokumentation auseinandergesetzt. Hintergrund ist eine Regelung des NRW-Leitfadens „Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in NRW“ (2017) nach der die „…Erfassungstage und ‑zeiten sowie zum jeweiligen Zeitpunkt vorherrschende Witterungsverhältnisse […] tabellarisch zu dokumentieren“ sind.

Im Zusammenhang mit einer Raumnutzungsanalyse für den Rotmilan hatte es das Gutachterbüro versäumt, die nach dem Leitfaden erforderlichen Angaben zu den Witterungsverhältnissen während der Vogelbeobachtungen im Gutachten zu dokumentieren. Hierin sah das Gericht einen schwerwiegenden methodischen Mangel. Nach Auffassung des OVG Münster handelt es sich bei den Angaben zu den Witterungsverhältnissen jedoch um „keine bloße und gegebenenfalls entbehrliche Formalie.“ Die fachlichen Vorgaben zu den geeigneten Witterungsbedingungen sollen vielmehr gewährleisten, dass die Beobachtungen unter solchen äußeren Bedingungen erfolgen, die ein möglichst realistisches Bild zum Vorkommen von Vögeln in einem bestimmten Untersuchungsraum ergeben, um deren Gefährdung hinreichend verlässlich abschätzen zu können. Insofern dient die Dokumentation der Nachvollziehbarkeit der Untersuchungen und ist nach Auffassung des Gerichtes „eine wesentliche Voraussetzung für die Bewertung ihrer Plausibilität.“ (vgl. RdNrn. 27ff).

Des Weiteren fehlten in dem Gutachten bezüglich der Bestandserfassung von Brutvögeln entsprechende Angaben zu Beginn und Ende der täglichen Kartierung. Auch diese zeitlichen Angaben sind nach Einschätzung des OVG Münster „keine überflüssigen Formalien“. Um ein aussagekräftiges Bild zum Vorkommen relevanter Vogelarten im Vorhabengebiet zu erhalten, müssen diese möglichst zu ihren jeweiligen Hauptaktivitätszeiten beobachtet werden. Ohne die notwendige Dokumentation der Kartierzeiten, lässt sich dies nicht überprüfen.

Fazit: Die Rechtsprechung des OVG Münster macht deutlich, dass in Gutachten zusätzlich zu den Ergebnissen der Bestandserfassungen auch die Umstände der Kartierung (Erfassungstage und ‑zeiten sowie zum jeweiligen Zeitpunkt vorherrschende Witterungsverhältnisse) angemessen zu dokumentieren sind. Nur so lassen sich Bestandserfassungen auf ihre Plausibilität hin überprüfen. Dokumentationsmängel in den Gutachten gehen im Zweifel zu Lasten des Antragstellers.

Der Beschluss kann im Justiz-Portal NRW heruntergeladen werden unter:

https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2020/8_B_1600_19_Beschluss_20200715.html

 

6.) Umweltministerkonferenz (UMK) beschließt Vollzugshilfe zur Signifikanz-Bewertung des Tötungsrisikos für Brutvögel an Windenergieanlagen (UMK, Beschluss vom 11.12.2020):

Bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen (WEA) führen die Anforderungen des § 44 Absatz 1 Nummer 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) zum artenschutzrechtlichen Tötungsverbot regelmäßig zu Vollzugsproblemen in der Praxis. In diesem Kontext ist zu klären, inwiefern sich durch ein WEA-Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten signifikant erhöht. Die Bestimmung dieser „signifikanten“ Risikoerhöhung setzt eine wertende Betrachtung voraus, die nach allgemein anerkannten Maßstäben und mit Methoden erfolgt, so dass eine objektive und vergleichbare Beurteilung der Sachverhalte möglich ist.

In diesem Zusammenhang ist im Auftrag der UMK durch eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eine Vollzugshilfe zur Signifikanz-Bewertung des Tötungsrisikos für Brutvögel an WEA erarbeitet worden („Signifikanzrahmen“), die nun durch einer Sonder-UMK beschlossen wurde.

Die Vollzugshilfe zeigt den Bundesländern einen gemeinsamen Rahmen für Standardsetzungen zur Prüfung und Bewertung der Signifikanz auf, den die Länder anhand länderspezifischer Gegebenheiten (z. B. Topographie, Erfassungsmethoden) ausfüllen können. Sie soll den Behörden und den am Zulassungsverfahren Beteiligten ein rechtssicheres Vorgehen ermöglichen. Das Papier beinhaltet eine Zusammenstellung der bundesweit kollisionsgefährdeten Vogelarten mit artspezifischen Angaben zum Regelbereich sowie methodische Ansätze zur Erfassung, Bewertung und zu geeigneten Vermeidungsmaßnahmen. Die UMK bittet die Länder darum, ihre bisher geltenden Leitlinien an den Signifikanzrahmen bis zur Herbst-UMK 2022 entsprechend anzupassen.

Die von der UMK am 11.12.2020 beschlossene Vollzugshilfe zur Signifikanz-Bewertung des Tötungsrisikos für Brutvögel an Windenergieanlagen kann hier heruntergeladen werden:

UMK (Beschluss) Vollzugshilfe Signifikanzrahmen (PDF-Dokument)

Der umfangreiche Beschluss der Sonder-UMK vom 11.12.2020 kann hier heruntergeladen werden:

UMK (Beschluss) Vollzugshilfe Signifikanzrahmen Beschlusstext (PDF-Dokument)

 

7.) Neue Veröffentlichung des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) „Technische Systeme zur Minderung von Vogelkollisionen an Windenergieanlagen“ (BfN-Skripten 571):

Um den Betrieb einer Windenergieanlage (WEA) im Einklang mit dem Artenschutz zu ermöglichen, werden zunehmend technische Möglichkeiten zur Vermeidung oder Verminderung von Konflikten mit windenergiesensiblen Vogelarten, vor allem hinsichtlich des Tötungs- und Verletzungsverbotes (§ 44 Absatz 1 Nummer 1 BNatSchG), als eine Lösungsoption diskutiert. Technische Detektionssysteme basieren zumeist auf einer visuellen Vogelerkennung (insbesondere Kamerasysteme; aber auch Radar, GPS), die in Abhängigkeit von der Vogelart, dem Flugverhalten und der Näherungsgeschwindigkeit den WEA-Rotor in Trudelbetrieb bringen. Auf diese Weise soll das Kollisionsrisiko im Rotorbereich der WEA minimiert werden.

Die Einführung technischer Systeme zur Erkennung und bedarfsgesteuerten Abschaltung ist absehbar und kann auch aus Naturschutzsicht vielversprechend sein. Dies kann in Zweifelsfällen dazu beitragen, Untersuchungsergebnisse zu objektivieren, Prognoseunsicherheiten über die Flugaktivität zu mindern und Abschaltzeiten auf das notwendige Maß zu beschränken. Die Ausführungen im vorliegenden BfN-Papier stellen den derzeitigen Stand der Entwicklung und Anwendung technischer Detektionssysteme und bedarfsgesteuerter Vermeidungsmaßnahmen dar. Das Papier gibt einen Überblick über die bestehenden Fragen und Herausforderungen und formuliert erste Anforderungen zum Einsatz dieser Vermeidungssysteme in der Praxis.

Die Veröffentlichung kann auf der Homepage des BfN heruntergeladen werden unter:

https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/service/Dokumente/skripten/Skript571.pdf

 

8.) Fledermausschutz an Windenergieanlagen: neue ProBat-Version online

Im Zusammenhang mit dem Betrieb von Windenergieanlagen (WEA) kann die Abschaltung der Anlage eine wirkungsvolle Vermeidungsmaßnahme zum Schutz kollisionsgefährdeter Fledermäusen darstellen. Ein geeignetes Tool zur Berechnung von Abschaltzeiten ist die Software „ProBat“. Mit ProBat lassen sich auf Grundlage von Daten zur gemessenen Fledermausaktivität in Gondelhöhe sowie entsprechenden Witterungsdaten standortspezifische Abschaltalgorithmen für WEA ermitteln. Damit kann die Anlage zu Zeiten hoher Fledermausaktivität abgeschaltet werden. Grundlage dieser Berechnungen sind die umfassenden Untersuchungen zur Vermeidung von Fledermaus-Schlagopfern an WEA im Rahmen der RENEBAT-Projekte.

Seit Anfang Dezember 2020 ist eine neue, nutzerfreundliche und komplett onlinebasierte Version von ProBat in der Version 7.0 verfügbar. Neben einem neuen Erscheinungsbild soll die Bedienbarkeit und Plausibilitätsprüfung der Daten durch Grafiken und Hilfefenster (Tool-Tipps) deutlich erleichtert sein. Damit soll die Arbeit von Planungs- und Gutachterbüros unterstützt werden und auch Fehlern bei der Berechnung von Abschaltzeiten zukünftig noch besser vorgebeugt werden können. Ab 2021 wird ProBat mit einer zusätzlichen Funktion die Überprüfung der Einhaltung der Abschaltvorgaben für Behörden vereinfachen.

Weitergehende Informationen finden sich unter:

 

https://www.natur-und-erneuerbare.de/projektdatenbank/projekte/probat

https://www.naturschutz-energiewende.de/aktuelles/probat-version-7-0-als-online-app/

https://oekofor.shinyapps.io/probat7/

 

9.) Umweltministerium NRW gibt Erlass zum Einsatz von Bremsenfallen heraus:

Das Umweltministerium NRW hat mit Runderlass vom 11.09.2020 Regelungen zum Einsatz von Bremsenfallen an die nachgeordneten Naturschutzbehörden herausgegeben. Seit einigen Jahren werden Bremsenfallen insbesondere auf Pferdeweiden vermehrt eingesetzt. Die Fallen bestehen aus einem schwarzen Ball, der sich in der Sonne aufheizt und so Bremsen anlockt. Mit einer trichterförmigen Vorrichtung werden die Insekten in ein Fanggefäß geleitet, wo sie verenden. Eine im März 2020 veröffentlichte Studie (Jäckel et al. 2020, veröffentlicht in Natur und Landschaft Heft 3) kam nun zu dem Ergebnis, dass Bremsenfallen wenig selektiv sind und somit negative Wirkungen auf die Biodiversität haben können. Bei Freilanduntersuchungen wurde der Inhalt von sechs Bremsenfallen mit diesem Fangmechanismus an verschiedenen Standorten im Kreis Gütersloh und in Bielefeld zwischen Mai und Oktober 2017 wöchentlich analysiert. Von den insgesamt 53.438 gefangenen Individuen, gehörten lediglich 2.022 zu den Bremsen. Die mit Abstand höchste Gesamtanzahl an Individuen wurde in einem Naturschutzgebiet gefangen. Insgesamt wurden Fliegen am häufigsten gefangen. Aber auch 410 Schmetterlinge (Lepitoptera) und 70 Wildbienen wurden durch die Fallen erfasst.

Auf der Grundlage dieser Studie kam das Umweltministerium NRW zu dem Schluss, dass der Einsatz von Bremsenfallen vor allem in den naturschutzfachlich wertvollen Schutzgebietskulissen gegen das Artenschutzrecht verstößt. In dem Runderlass wird daher geregelt, dass Bremsenfallen nicht innerhalb des Nationalparks, eines FFH- oder Naturschutzgebietes oder eines gesetzlich geschützten Biotops aufgestellt werden dürfen. Außerhalb der zuvor genannten Schutzgebiete lasse sich aber durch eine zeitliche Beschränkung des Einsatzes von Bremsenfallen auf die Hauptflugzeit der Bremsen (01.06. bis 15.09.) der Beifang anderer, besonders geschützter Insekten im Regelfall so vermindern, dass nicht gegen Artenschutzrecht verstoßen wird.

Der Runderlass des Umweltministeriums NRW vom 11.09.2020 zum Einsatz von Bremsenfallen kann hier heruntergeladen werden:

Runderlass MULNV Einsatz von Bremsenfallen (PDF-Dokument)

 

10.) Aktuelle Fortbildungen und Seminare zum Arten- und Habitatschutz in NRW:

 

 

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Dr. Ernst-Friedrich Kiel

Referatsleiter III-4 Biodiversitätsstrategie, Artenschutz, Habitatschutz, Vertragsnaturschutz

Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW (MULNV)

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