Human-Biomonitoring zur Belastung mit Konservierungsmitteln, Pestiziden und Weichmachern
Human-Biomonitoring zur Belastung mit Konservierungsmitteln, Pestiziden und Weichmachern
Seit 2011 untersucht das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen im Auftrag des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr alle 3 Jahre die Belastung von rund 250 Kindern im Alter zwischen 2 und 6 Jahren auf Schadstoffe aus der Umwelt beziehungsweise verbrauchernahen Stoffen im Urin.
© Steve Buissinne / Pixabay Mit diesen Untersuchungen soll herausgefunden werden, ob und wie stark Kinder in Nordrhein-Westfalen mit Schadstoffen belastet sind und wie sich die Belastung im Laufe der Zeit entwickelt, um gegebenenfalls regulatorisch gegenzusteuern. Untersucht wird auf ausgewählte Stoffe, die in verbrauchernahen Produkten vorkommen können. Dazu zählen unter anderem ausgewählte Bisphenole, Parabene, Glyphosat und Phthalat-Weichmacher.
Bisphenole gehören zu den meistproduzierten Chemikalien weltweit. Sie werden hauptsächlich zur Herstellung von Kunststoffen und Epoxidharzen verwendet, die in zahlreichen Podukten eingesetzt werden, zum Beispiel zur Innenbeschichtung von Lebensmittelkonserven und Getränkedosen. Besonders wegen ihrer hormonähnlichen Wirkungen und reproduktionstoxischen Eigenschaften wird der Einsatz von Bisphenolen in Europa zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt beschränkt. Der bekannteste Vertreter aus der Gruppe der Bisphenole ist Bisphenol A (BPA). Die Belastung mit BPA hat seit Beginn der Untersuchungen im Jahr 2011 deutlich abgenommen. Nichtsdestotrotz wurden in den Human-Biomonitoring-Untersuchungen 2020/2021 Bisphenole in bis zu 97 % aller Urinproben gefunden. Neuere Erkenntnisse zur gesundheitlichen Wirkung von BPA zeigen, dass eine weitere Reduktion der Belastung erforderlich ist.
Konservierungsmittel wie Parabene werden wegen ihrer antimikrobiellen und fungiziden Wirkung zum Beispiel Arzneimitteln, Kosmetika und Lebensmitteln zugesetzt. Bestimmte Parabene sind seit dem Jahr 2014 in Kosmetika nicht mehr zugelassen. Dass diese Regulierungen greifen, zeigt die inzwischen festgestellte rückläufige Belastung bei den untersuchten Kindern.
Das Herbizid Glyphosat wurde seit Beginn der Untersuchungen in Konzentrationen deutlich unter dem gesundheitlichen Bewertungsmaßstab gemessen. Ein zeitlicher Trend ist nicht zu erkennen, die Belastung variiert auf niedrigem Niveau.
© MUNV NRW Weichmacher-Metaboliten-Konzentrationen in Kinderurin
Die Säulen stellen die medianen Metaboliten-Konzentrationen ausgewählter Weichmacher der 4 Querschnittsuntersuchungen Q1 (Jahre 2011/2012), Q2 (2014/2015), Q3 (2017/2018) und Q4 (2020/2021) dar. Es ist eine deutliche Abnahme einzelner Phthalat-Weichmacher-Metaboliten zu erkennen und gleichzeitig eine Zunahme der Ersatzstoffmetaboliten zu verzeichnen.
Weichmacher werden Materialien zugesetzt, um sie elastischer, weicher, biegsamer zu machen. Sie finden Anwendung in einer Vielzahl von Produkten, zum Beispiel in Kunststoffen, Lacken, Gummiartikeln sowie in Lebens- mittelkontaktmaterialien. Einige dieser Stoffe können auf das Hormonsystem oder die Fortpflanzungsfähigkeit des Menschen wirken. Von den 21 analysierten Phthalat-Weichmachern konnten 18 in nahezu allen Proben gemessen werden. Die deutliche Abnahme einzelner Phthalat-Weichmacher über die Zeit verdeutlicht aber auch den Erfolg regulatorischer Maßnahmen. Allerdings wird auch ein Anstieg von Ersatzstoffen beobachtet. Das häufige Vorkommen von Phthalaten im Kinderurin bestätigt die Notwendigkeit eines regelmäßigen Monitorings dieser Stoffe und ihrer Ersatzstoffe.
Bei einer verdachtsbezogenen Untersuchung im Herbst 2023 hat das Landesamt erstmals auch das Abbauprodukt Mono-n-hexyl-Phthalat (MnHexP) des Phthalat-Weichmachers Di-n-hexyl-Phthalat (DnHexP) nachweisen können, der seit 2013 auf der EU-Liste der besonders besorgnis- erregenden Stoffe steht. In den Proben aus 2017/2018 wurde in 26 % der 250 untersuchten Kinderurine MnHexP gefunden. Dieser Anteil stieg auf 61 % für die Proben aus dem Zeitraum 2020/2021. Im März 2024 hat die Kommission Human-Biomonitoring am Umweltbundesamt einen Human-Biomonitoring-I-Wert (HBM-I-Wert) zur gesundheitlichen Beurteilung der Untersuchungsergebnisse abgeleitet. Der HBM-I-Wert ist ein Vorsorgewert für die Allgemeinbevölkerung, bei dessen Unterschreitung nach dem aktuellen Wissensstand nicht mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung zu rechnen ist. In weiteren 250 Kinderurinproben aus 2023/2024 wurde bei 55 % der Proben MnHexP nachgewiesen. Erst- malig wurden bei zwei Proben MnHexP-Konzentrationen gemessen, die oberhalb des HBM-I-Wertes lagen. Bei einer Überschreitung sollte nach Quellen für die Belastung gesucht und diese minimiert wer- den. Mittlerweile konnte ein Zusammenhang zwischen der Weichmacherbelastung in Kinderurin und der Verwendung von Sonnenschutzmitteln gezeigt werden. Aktuelle Untersuchungsergebnisse bestätigen den Zusammenhang, dass der Phthalat-Weichmacher DnHexP aus Verunreinigungen im UV-A-Filter Diethylamino-hydroxybenzoyl-hexyl-benzoat (DHHB) stammt, der in Sonnenschutzprodukten eingesetzt wird. Nach derzeitiger Kenntnis ist die Verwendung von Sonnenschutzmitteln in der Regel sicher. Aus Gründen der Vorsorge muss aber sichergestellt sein, dass Sonnenschutzmittel nicht mit DnHexP verunreinigt sind.
Insgesamt zeigen die Human-Biomonitoring-Untersuchungen, dass die in Verbraucherprodukten eingesetzten Stoffe in den Körper von Kindern gelangen können und der Einsatz von Stoffen grundsätzlich wohlüberlegt sein sollte.
Weitere Informationen:
- KiSA-Studie NRW (LANUK)
- Bestimmung von Schadstoffen und Schadstoffmetaboliten im Urin von 2- bis 6-jährigen Kindern aus Nordrhein-Westfalen Bericht zum 4. Querschnitt (2020/21) Hauptbericht Modul 1 (Weichmacher)
- Bestimmung von Schadstoffen und Schadstoffmetaboliten im Urin von 2- bis 6-jährigen Kindern aus NordrheinWestfalen Modul 2 Parabene, Isothiazolinone, Bisphenole
- Bestimmung von Schadstoffen und Schadstoffmetaboliten im Urin von 2- bis 6-jährigen Kindern aus Nordrhein-Westfalen Bericht zum 4. Querschnitt (2020/21) Modul 3 Pestizide
- Bestimmung von Schadstoffen und Schadstoffmetaboliten im Urin von 2- bis 6-jährigen Kindern aus Nordrhein-Westfalen Nachuntersuchung des LANUV auf den Weichmacher-Metaboliten Mono-n-hexyl-Phthalat (MnHexP)
- Pressemitteilung: Neue Untersuchungen bestätigen Zusammenhang zwischen Weichmachern in Kinderurin und Verwendung von Sonnenschutzmitteln (MUNV)