Verbrauchsentwicklung und Effizienzsteigerungen bei Rohstoffen

Der schonende Umgang mit Ressourcen wie biotischen und abiotischen Rohstoffen, aber auch Böden und Wasser, ist ein Gradmesser für die Nachhaltigkeit. Denn die Gewinnung und Verarbeitung von teils kritischen Rohstoffen zieht erhebliche Umweltbelastungen und Klimafolgen nach sich.

Eine Halde mit großen Sand- und Kiesbergen in einem Kieswerk © Markus Distelrath / Pixabay

So werden laut Global Resource Panel etwa 55 % der globalen Treibhausgasemissionen durch die Extraktion und Verarbeitung von Rohstoffen erzeugt. Daher ist es geboten, Maßnahmen für eine umfassende Kreislaufwirtschaft zu verbessern und letztlich den Verbrauch von Rohstoffen und Energie zu senken.

Nordrhein-Westfalen verfügt über zahlreiche mineralische und fossile Rohstoffe wie Kies, Sand und Naturstein sowie Braun- und Steinkohle. Zugleich ist es in die Stoffströme der Weltwirtschaft eingebunden und stark angewiesen auf den Import von Metallen und anderen Rohstoffen, die insbesondere für die Umweltwirtschaft von hoher Bedeutung sind, von fossilen Rohstoffen, aber auch auf den Import von ressourcenintensiven Vorprodukten – zum Beispiel aus der Halbleiter- und Chip-Produktion.

Wie effizient mit Rohstoffen umgegangen wird, kann am Verlauf der Rohstoffproduktivität abgelesen werden. Sie wird gebildet aus dem Verhältnis Bruttoinlandsprodukt (dem Maß für die wirtschaftliche Leistung) zum Rohstoff- verbrauch, gemessen als Direkter Materialeinsatz (eng- lisch Direct Material Input, DMI). Der DMI misst zum einen die direkte Entnahme und Verwertung von biotischen und abiotischen Rohstoffen innerhalb Nordrhein-Westfalens, zu der die Gewinnung von pflanzlichen und tierischen Produkten aus Land- und Forstwirtschaft, Fischerei und Jagd ebenso zählt wie die von Bodenschätzen im heimischen Bergbau. Hinzugerechnet werden Importe von Rohstoffen und Gütern aus dem Ausland sowie deren Empfang aus anderen Bundesländern. Die nachfolgende Abbildung zeigt, dass die Rohstoffproduktivität zwischen den Jahren 1994 und 2022 um rund 44 % zugenommen hat. Die Verringerung des absoluten Ressourcenverbrauchs, gemessen als DMI, erfolgte jedoch in diesem Zeitraum in geringerem Maße, nämlich um rund 11 %. Erklärungen für dieses Auseinanderdriften von Effizienzgewinnen einerseits und Rückgängen im Ressourcenverbrauch andererseits bieten Rebound-Effekte. Sie können dazu führen, dass Effizienzsteigerungen aufgrund von marktwirtschaftlichen, sozialen und psychologischen Effekten teils auch höhere Ressourcenverbräuche nach sich ziehen.

Liniendiagramm: Umweltindikator Rohstoffproduktivität und Inländischer Materialverbrauch in Rohstoffäquivalenten | Teilindikator Rohstoffproduktivität des Direkten Materialeinsatzes DMI © MUNV NRW

Umweltindikator Rohstoffproduktivität und Inländischer Materialverbrauch in Rohstoffäquivalenten: Teilindikator Rohstoffproduktivität des Direkten Materialeinsatzes DMI

Abgebildet ist die Entwicklung der Rohstoffproduktivität (das Verhältnis von Bruttoinlandsprodukt zum Direkten Materialeinsatz DMI), das Bruttoinlandsprodukt und der DMI, normiert auf das Jahr 1994. Die Rohstoffproduktivität nahm seit 1994 um 43,5 % zu. Dagegen ging der DMI, also die direkte Entnahme und Verwertung von Material für ökonomische Aktivitäten, verhalten um 10,6 % zurück auf zuletzt 89,4. Eine relative Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch ist insofern zu erkennen. Die steigende Rohstoffproduktivität vor allem auf das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts zurückzuführen. Besondere Ausschläge zeigten sich anlässlich der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009, des Beginns der Corona- Pandemie 2020 und des beginnenden Ukraine-Kriegs 2022, verbunden mit Einbrüchen beim Rohstoffverbrauch.

Rebound-Effekt

Effizienzsteigerungen können großen Nutzen bringen. Häufig zeigen sie aber durch den Rebound-Effekt nicht die erhofften Ressourcenersparnisse. Der Begriff Rebound (englisch „Rückprall“) steht für den Konsum von Ressourcen, der durch Effizienzsteigerungen ermöglicht wird und Effizienzgewinne zunichtemacht. Beim direkten Rebound-Effekt steigt der Konsum bei den Produkten, die Effizienzsteigerungen erfuhren. Paradebeispiele dafür gibt es in der Automobilbranche und bei digitaler Technik: So nutzt man Effizienzsteigerungen in der Motorentechnologie meist dazu, um bei gleichem Verbrauch pro Fahrzeugkilometer leistungsstärkere, schnellere und schwerere Autos herzustellen. Mittlerweile bilden die großen, schweren SUV (Sport Utility Vehicles) das weltweit anteilsstärkste Segment bei Neuwagen. Auch führte eine effizientere Datenübertragung zu mehr Online-Diensten, Hardware und Datenverkehr. Der indirekte Rebound-Effekt steht dafür, dass mit dem eingesparten Geld durch effizientere Güter oder Dienstleistungen andere Produkte oder Dienstleistungen verstärkt eingekauft werden. Für einen zusätzlichen Urlaub eingesetzte Heizkostenersparnisse durch eine bessere Wärmedämmung wären ein Beispiel dafür.

Besonders interessant für hiesigen Ressourcenkonsum ist der Indikator des Inländischen Materialverbrauchs in Roh- stoffäquivalenten (englisch Raw Material Consumption, RMC). Dieser rechnet zu dem Direkten Materialeinsatz, den der DMI abbildet, die sogenannten ökologischen Ruck- säcke der nach Nordrhein-Westfalen eingeführten Güter hinzu. Abgezogen werden die Ressourcenverbräuche für die Produktion der aus Nordrhein-Westfalen ausgeführten Güter inklusive ihrer ökologischen Rucksäcke. Somit werden ausschließlich die hierzulande für Konsum und Investitionen anfallenden Ressourcenverbräuche unter Beachtung von ökologischen Rucksäcken abgebildet. Der untere Teilindikator in der nachfolgenden Abbildung zeigt, dass im Jahr 2021 in Nordrhein-Westfalen der RMC, auch Rohstoff-Fußabdruck genannt, pro Kopf bei 15,7 Tonnen lag. Zum Vergleich: Der globale Mittelwert lag laut dem Welt- ressourcenrat (IRP) im Jahr 2020 bei 12,2 Tonnen pro Kopf. Der Weltressourcenrat schätzt, dass ein Primärrohstoffbedarf von 6 bis 8 Tonnen pro Kopf und Jahr einen nachhaltigen Wert darstellt. Zugleich weist der Weltressourcenrat darauf hin, dass sich der globale Ressourcenverbrauch zwischen 1970 und 2024 mehr als verdreifacht hat. Somit wird deutlich, dass der durchschnittliche Pro-Kopf- Ressourcenverbrauch hierzulande deutlich abnehmen sollte, um den Zielen einer nachhaltigen Entwicklung sowie einer zirkulär geführten Wirtschaft näherzukommen. In den SDGs ist dieses Ziel insbesondere in Ziel 12 Nachhaltiger Konsum und Produktion festgeschrieben.

Ein ressourcenschonendes Wirtschaften in Unternehmen unterstützt das Land unter anderem mit der Effizienz-Agentur NRW (EFA). Im Mittelpunkt ihres Handelns steht die Gestaltung von zirkulären und nachhaltigen Produkten, Prozessen und Geschäftsmodellen. Die EFA setzt ihre Instrumente und Methoden passgenau ein – egal ob Unternehmen schon viele Schritte gegangen sind oder sich gerade erst auf den Weg machen, nachhaltiger zu werden. Jährlich werden so durch etwa 250 Projekte circa 30.000 Tonnen Material, 150.000 Megawattstunden Energie und 45.000 Tonnen CO2 eingespart und ungefähr 180 Millionen Euro an Investitionen in Ressourceneffizienzmaßnahmen ausgelöst. Auch bietet die EFA das kostenfreie Tool ecocockpit zur Treibhausgasbilanzierung sowie Workshops zur CIRCO-Methode an.

Auf kommunaler Ebene ermöglicht das „Ökologische Projekt für integrierte Umwelttechnik“ (Ökoprofit) den teilnehmenden Unternehmen den Einstieg in ein betriebliches Umweltmanagement. Im Jahr 2023 wurde Ökoprofit von der EU als Vorstufe zum bekannteren Umweltmanagementsystem EMAS anerkannt. Über 2.600 Unternehmen haben an Rhein und Ruhr seit dem Jahr 2000 erfolgreich ein ÖKOPROFIT-Projekt abgeschlossen. Durchschnittlich spart so jedes Unternehmen rund 40.000 Euro Betriebskosten pro Jahr ein.

Säulendiagramm: Umweltindikator Rohstoffproduktivität und Inländischer Materialverbrauch in Rohstoffäquivalenten | Teilindikator Inländischer Materialverbrauch in Rohstoffäquivalenten RMC © MUNV NRW

Umweltindikator Rohstoffproduktivität und Inländischer Materialverbrauch in Rohstoffäquivalenten: Teilindikator Inländischer Materialverbrauch in Rohstoffäquivalenten RMC

Der Inländische Materialverbrauch in Rohstoffäquivalenten RMC berücksichtigt neben dem oben genannten DMI die Ressourcenverbräuche, die bei der Rohstoffextraktion und -verarbeitung sowie der Produktion von Gütern außerhalb der Landesgrenzen entstehen (ökologische Rucksäcke) – abzüglich der Ressourcenverbräuche für die Produktion der aus Nordrhein-Westfalen aus- geführten Güter samt ihrer ökologischen Rucksäcke. Der RMC lag bei einem steigenden Trend über die letzten 10 Jahre im Jahr 2021 mit 15,7 Tonnen Rohstoffäquivalente pro Kopf über dem bundesweiten Wert von 14,4 Tonnen pro Kopf. Grund dürfte die von Bergbau und materialintensiver Industrie geprägte Wirtschaftsstruktur Nordrhein-Westfalens sein. Die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie nennt die Erreichung von jährlich 6 bis 8 Tonnen RMC pro Kopf und Jahr als Orientierung bis 2045.

Ökologischer Rucksack

Mit ökologischen Rucksäcken werden die Ressourcenverbräuche bezeichnet, die bei der Rohstoffextraktion und -verarbeitung sowie der Produktion von Gütern außerhalb Deutschlands verwendet werden. Dabei zeigt sich, dass die Ressourcenverbräuche für die Herstellung einzelner Produkte um ein Vielfaches höher sind, als es deren Eigengewicht vermuten lässt. Untersuchungen haben ergeben, dass beispielsweise der ökologische Rucksack eines Mittelklasse-Autos etwa 15 Tonnen beträgt, der eines Goldrings circa 2,7 Tonnen und der eines Smartphones mehr als 110 Kilogramm. Die Berechnung der ökologischen Rucksäcke erfolgt über sogenannte Rohstoffäquivalente in Tonnen. Das heißt, dass alle Güter mit den Rohstoffverbräuchen abgebildet werden, die für ihre Produktion über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg benötigt wurden.