Von der Grundwasserverfügbarkeit bis zum Hochwasserschutz

Mit Ausnahme von 2021 waren die Jahre 2018 bis 2022 durch langanhaltende Dürre geprägt. Gewässer fielen trocken, viele Talsperren waren sehr gering gefüllt. Im Oktober  2018 wurden an mehr als 20 % der hiesigen Messstellen historische Tiefststände registriert. Das hatte neben wirtschaftlichen Schäden auch gravierende Auswirkungen auf die aquatischen Ökosysteme.

Das Bild zeigt zwei Grundwassermessstellen im Wald bei Wesel © Jens Müller

Von der Dürre hat sich der Boden bis 1,8 Meter Tiefe in großen Landesteilen erst im Jahr 2023 erholt. Die Grundwasserneubildung ist tendenziell rückläufig. Auch ist künftig häufiger mit Niedrigwasser und Wassermangelsituationen beziehungsweise Trockenheit und Dürren zu rechnen. Vorausschauendes Handeln und eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wasservorräte sind daher ebenso notwendig wie Strategien für eine klimaangepasste Wassernutzung und der naturnahe Umbau hin zu klimaresilienten Gewässern.

Die Pendants zu Niedrigwasser, Trockenheit und Dürre sind Hochwasser, Stark- und Dauerregen sowie Nässe. Bereits ab dem Jahr 2000 wurden aufbauend auf das Hochwasserschutzkonzept des Landes zahlreiche Hochwasseraktionspläne erarbeitet, Deiche erhöht und verstärkt, der Wasserrückhalt in der Fläche sowie die Gefahrenabwehr verbessert. Zudem wurde bei der Umsetzung der EU-Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie 2007/60/EG für mehrere hundert Gewässer auf insgesamt rund 5.900 Kilometern ein signifikantes Hochwasserrisiko festgestellt. Auch wurden Hochwasserrisikomanagementpläne für die Anteile an den Flussgebietseinheiten Rhein, Weser, Ems und Maas aufgestellt. Daneben gibt das Land schon länger Hilfestellungen und Grundlagen für Konzepte zum Starkregenrisikomanagement. Starkregenereignisse treten lokal begrenzt mit einer hohen Niederschlagsmenge und -intensität auf, einhergehend mit einem nur schwer zu kalkulierenden Überschwemmungsrisiko.

10 Punkte-Arbeitsplan "Hochwasserschutz in Zeiten des Klimawandels"

Im Jahr 2022 wurde eine Analyse und Bewertung der Flutkatastrophe 2021 angestoßen, um die richtigen Schlüsse für ein klimaresilientes Hochwasserrisikomanagement zu ziehen. In der Folge wurde 10-Punkte Arbeitsplan „Hochwasserschutz in Zeiten des Klimawandels“ aufgestellt. Er stellt die Grundlage für die schwerpunktmäßigen Aufgaben der kommenden Jahre im Bereich des Hochwasserrisikomanagements dar, die für eine Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels erforderlich sind. Die Tätigkeiten im Rahmen des 10-Punkte-Arbeitsplans unterstützen zudem die Schritte zur Erfüllung der EU-Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie  2007/60/EG. Der Arbeitsplan wird fortlaufend an neue Erkenntnisse angepasst. Die Umsetzung erfolgt nach einer risikobasierten Vorgehensweise, mit dem Ziel, schnellstmögliche Verbesserungen im Hinblick auf ein zukünftiges Hochwasserereignis zu erzielen. Die aktuellen Schwerpunkte liegen in der Hochwasserinformation und -vorhersage im Hochwasserfall, dem Hochwasserinformations- und -meldedienst, dem Hochwasserschutz vor Ort, vor allem der Sanierung von Hochwasserschutzanlagen sowie der Talsperrensicherheit und dem Talsperrenmanagement. Die Umsetzung des Arbeitsplans wird durch eine eigens eingerichtete interdisziplinären Hochwasserkommission begleitet.

Besonders einschneidend war die Flutkatastrophe in West- und Mitteleuropa im Sommer 2021, bei der allein in Nordrhein-Westfalen 49 Menschen starben. Ursache war das Tiefdruckgebiet Bernd mit anhaltenden, großflächigem Niederschlag von mehr als 100 mm pro Tag sowie Starkniederschlägen. An einigen Messstationen wurden sogar mehr als 150 mm Niederschlag pro Tag registriert. Tiefdruckgebiet Bernd ließ viele Nebenflüsse des Rheins sowie deren Nebenflüsse und -bäche im südlichen Landesteil über die Ufer treten und führte vielerorts zu einem extremen Hochwasser. Die materiellen Schäden an Gebäuden und Infrastruktur durch die Sturzfluten und Überschwemmungen gehen in die Milliarden Euro. Im Nachgang zu der Flutkatastrophe 2021 wird das Hochwasserrisikomanagement in Nordrhein-Westfalen auf der Grundlage eines 10-Punkte-Arbeitsplans gestärkt, der wesentliche Maßnahmen zur Anpassung des Hochwasserschutzes an den Klimawandel aufzeigt.

Das letzte große Hochwasser in Nordrhein-Westfalen verlief zum Jahreswechsel 2023/2024 vergleichsweise glimpflich, nicht zuletzt dank zahlreicher Maßnahmen der Deichverteidigung und des Einsatzes vom mobilem Hochwasserschutz.  Flächendeckende Niederschläge mit über 100 mm trafen von Mitte Dezember 2023 bis in den Januar 2024 hinein  auf bereits gesättigte Böden  und führten in der Folge in 13 von 17 Flusseinzugsgebieten zu Hochwasser, insbesondere im Einzugsgebiet der Ems, Niers und Schwalm, der Lippe sowie der Weser. An 8 der insgesamt 123 Hochwassermeldepegel wurde der höchste Informationswert 3 überschritten (bebaute Gebiete können in größerem Umfang überflutet werden, Einsatz von Feuerwehr und Katastrophenschutz in großem Umfang möglich), weiteren 29 Messstellen der Informationswert 2 (Gefahr der Überflutung einzelner bebauter Grundstücke oder Keller, Sperrung überörtlicher Verkehrsverbindungen, vereinzelter Einsatz von Feuerwehr und Katastrophenschutz  möglich) und an 45 Messstellen der Informationswert 1  (gegebenenfalls Ausuferung des Gewässers, land- und forstwirtschaftliche Flächen können überflutet werden,  leichte Verkehrsbehinderungen auf Hauptverkehrs- und Gemeindestraßen sind möglich).

Liniendiagramm: Hochwasser-Ganglinie am Pegel Bliesheim an der Erft zur Zeit der Flutkatastrophe 2021 © MUNV NRW

Hochwasser-Ganglinie am Pegel Bliesheim an der Erft zur Zeit der Flutkatastrophe 2021

Die extremen Niederschläge vom 13. bis 15. Juli 2021 ließen an etwa 40 % der Hochwasserpegel Nordrhein-Westfalens die mit der höchsten Informationsstufe verknüpften Pegelstände in teils nie dagewesener Höher überschreiten. Zum Beispiel lag am Pegel Bliesheim an der Erft, einem linksrheinischen Nebenfluss, der höchste jemals gemessene Wasserstand vor der Hochwasserkatastrophe 2021 bei 2,47 m. Am 15. Juli 2021 wurde dieser Wert mit dem Rekordpegel von 4,11 m um 1,64 m übertroffen. Ferner ist mit dem Plateau in der Ganglinie zu Beginn des 15. Juli das Fluten und Volllaufen der 5 Kilometer flussabwärts liegenden Kiesgrube in Erftstadt-Blessem zu erkennen.