Blühende Heidelandschaft © J. Ammerschläger / MUNV NRW

Themendienst Arten- und Habitatschutz NRW

Ausgabe: März 2019

Der Themendienst Arten- und Habitatschutz NRW wird erstellt und veröffentlicht von:

Dr. Ernst-Friedrich Kiel
Referatsleiter  III-3 | Natura 2000, Verträglichkeitsprüfungen, Energiewende
Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen

 

In dem Verfahren ging es um Regelungen in den Niederlanden zur Genehmigung von landwirtschaftlichen Tätigkeiten in Natura-2000-Gebieten, die Stickstoffeinträge bewirken. Im Fokus stand dabei auch das niederländische "Programma Aanpak Stikstof 2015-2021" (PAS), ein Programm zur Verringerung von Stickstoffeinträgen. In diesem Kontext hat der EuGH entschieden, dass die Weidetierhaltung und die Ausbringung von Dünger in der Nähe von Natura-2000-Gebieten als ein „Projekt“ im Sinne der FFH-Richtlinie eingestuft werden können.

Fazit: Das Urteil hat aller Voraussicht nach Konsequenzen für die Durchführung von FFH-Verträglichkeitsprüfungen (FFH-VP). Im Rahmen der FFH-VP und der damit verbundenen Summationsbetrachtungen könnten zukünftig auch "klassische" landwirtschaftliche Tätigkeiten zu bewerten sein. Das Urteil dürfte auch die Diskussionen um die Anwendung der "Abschneidemethodik" erneut entfachen. Die im Rahmen des PAS in den Niederlanden zugrunde gelegten Schwellen- und Grenzwerte für Stickstoffeinträge liegen deutlich unter dem in der deutschen Verwaltungspraxis gängigen Abschneidekriterium (0,30 kg N/ha/Jahr) für irrelevante Stickstoffeinträge in FFH-Gebiete. Es bleibt abzuwarten, wie das Urteil in von den deutschen Verwaltungsgerichten aufgenommen wird und sich in den deutschen Regelwerken zur Bewertung von Stickstoffeinträgen in der FFH-VP niederschlägt (z.B. Novelle TA Luft, geplanter " Stickstoffleitfaden BImSchG-Anlagen" von LAI und LANA).

In dem Verfahren ging es um die Reichweite und die Grenzen der gerichtlichen Kontrolle behördlicher Entscheidungen im Zusammenhang mit der Genehmigung von Windenergieanlagen (WEA) und dem Tötungsverbot des § 44 Absatz 1 Nr. 1 BNatSchG. Beschwerdeführer war ein WEA-Betreiber. Die Verfassungsbeschwerden sind unzulässig. Sie entsprechen nicht dem Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde und sind nicht hinreichend begründet worden.

Fazit: Das BVerfG stärkt mit dem Beschluss den von den Verwaltungsgerichten seit einigen Jahren verfolgten Ansatz der "naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative" der Behörden. Der Beschluss unterstützt zugleich die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen und Leitfäden, mit denen anerkannte fachwissenschaftliche Maßstäbe und Standards für behördliche Entscheidungen gesetzt werden (siehe 2. Leitsatz, letzter Satz "...Vielmehr muss [der Gesetzgeber] jedenfalls auf längere Sicht für eine zumindest untergesetzliche Maßstabsbildung sorgen.") .

In dem Verfahren ging es um den geplanten Bau der B 474n/OU Datteln. Nach Auffassung des BVerwG sind der Planfeststellungsbeschluss zur B474n und die diesbezügliche Rechtsprechung des OVG Münster nicht zu beanstanden. Kläger war der BUND NRW, der damit in dem jahrelangen Rechtsstreit zum zweiten Mal mit einer Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BVerwG gescheitert ist. In dem Beschluss hat das BVerwG mehrere grundsätzliche Fragen/Kritikpunkte zur Vorgehensweise bei Planungs- und Genehmigungsverfahren in NRW u.a. zur Verwaltungsvorschrift VV-Artenschutz entschieden. Unter anderem hatte der BUND massiv das nordrhein-westfälische Konzept der "planungsrelevanten Arten" kritisiert. Das Gericht hat jedoch klargestellt, dass die Bearbeitung der Allerweltsarten (wie sie nach der Verwaltungsvorschrift VV-Artenschutz erfolgt) der "naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative" der Behörden entspricht.

Fazit: Das BVerwG bestätigt mit dem Beschluss die Vorgehensweise entsprechend der nordrhein-westfälischen Verwaltungsvorschrift VV-Artenschutz und damit auch das Konzept der "planungsrelevanten Arten".

Die KOM stellt in dem aktuellen Leitfaden zu Artikel 6 FFH-RL ihre Vorstellungen vom Natura 2000-Gebietsmanagement dar. Der Leitfaden beinhaltet wichtige Definitionen und Auslegungen zu den Erhaltungsmaßnahmen, zum Verschlechterungsverbot, zur FFH-Verträglichkeitsprüfung, zum Projektbegriff sowie zum Ausnahmeverfahren.

 

In der BfN-Arbeitshilfe steht die artenschutzrechtliche Bewertung einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos und die gebietsschutzrechtliche Bewertung der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen im Vordergrund. Die methodischen Hinweise sollen der Praxis helfen, insbesondere Bewertungen von Mortalitätsrisiken bei Freileitungsvorhaben im konkreten Fall auf Basis einheitlicher und objektiver Beurteilungsmaßstäbe vornehmen zu können.

Das FIS "FFH-Verträglichkeitsprüfungen in NRW" ist grundlegend überarbeitet worden und im September 2018 in der neuen Version online geschaltet. Der genaue Workflow und die Bearbeitung der Protokolle wird auch in einem Video-Tutorial dokumentiert und im FIS bereitgestellt. Nachfolgend eine kurze Übersicht über die neuen Funktionen:

  1. Benutzerverwaltung, Protokollierung und Kommunikation: In dem neuen FIS FFH-VP können Antragsteller und Naturschutzbehörden die Protokolle einer FFH-Verträglichkeitsprüfung in einem Online-Formular protokollieren. Antragsteller müssen sich im System registrieren und dann zur Bearbeitung anmelden. Die Naturschutzbehörden sind bereits mit den Funktionsadressen im System registriert und können sich hiermit anmelden. Die Kommunikation per E-Mail zwischen den Beteiligten erfolgt automatisch durch das FIS jeweils über die im System hinterlegten Funktionsadressen der Naturschutzbehörden und der im System registrierten E-Mail des Antragstellers. Die Naturschutzbehörden werden automatisch per E-Mail vom System benachrichtigt, sobald ein Antragsteller im FIS eine VP abschließend dokumentiert hat und an die Naturschutzbehörde zur weiteren Prüfung und Bearbeitung (Protokoll C und D) weitergeleitet hat. Der Antragsteller wiederum bekommt vom System eine E-Mail, wenn die Naturschutzbehörde feststellt, dass diese für das Verfahren nicht zuständig ist oder die eingereichten Unterlagen oder protokollierten Daten nicht vollständig / prüffähig sind.
  2. Veröffentlichung einer VP im FIS: Eine protokollierte VP kann nach Abschluss der Bearbeitung im FIS direkt durch die Naturschutzbehörde veröffentlich werden. Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten: (a) Sobald die Naturschutzbehörde die Vollständigkeit und Prüffähigkeit der Unterlagen des Antragstellers feststellt und dies mit Eingabe des Datums im Teil C angibt, kann die VP vorab ‚eingeschränkt‘ im FIS veröffentlich werden, damit diese zur Summationsprüfung für folgenden Pläne und Projekte zeitnah berücksichtig werden kann. Diese eingeschränkt veröffentlichten VPen sind aber nur für die Nutzer im FIS vollständig sichtbar, die zuvor die Einsichtnahme bei der zuständigen Naturschutzbehörde angefragt haben. Die Anfrage erfolgt ebenfalls per E-Mail und kann in dort von der Naturschutzbehörde direkt über einen Link abgelehnt oder zugestimmt werden. (b) Nach abschließender Protokollierung aller Teile A, B, C und D kann die Naturschutzbehörde die VP im FIS direkt veröffentlichen. Diese ist dann uneingeschränkt im FIS für alle sichtbar und kann auch nicht mehr von den Beteiligten bearbeitet werden.
  • Lüttmann, J., Kiel, E.-F., Jahns-Lüttmann, U. & Klußmann, M. (2019): Wirksamkeit und Monitoring von Artenschutzmaßnahmen – Operationalisierung im Bundesland Nordrhein-Westfalen. Naturschutz und Landschaftsplanung 2019 (2): 78-88.
  • Kiel, E.-F. (2018): Aktuelle Vorschriften zur FFH-Verträglichkeitsprüfung in NRW. Natur in NRW 2018 (3): 33-37. Download
  • Biedermann, U., Hake, D. & Kiel, E.-F. (2018): Fachinformationssystem FFH-Verträglichkeitsprüfungen in NRW – Erfahrungen mit der Einführung und Umstellung auf eine Online-Eingabe. Natur in NRW - 2018 (3): 38-42. Download
  • Kiel, E.-F. (2018): Aktuelle Vorschriften zur Artenschutzprüfung in NRW. Natur in NRW 2018 (2): 22-26. Download