Treibhausgasemissionen – rückläufige Entwicklung und Ziele

Im Übereinkommen von Paris 2015 wurde das völkerrechtlich verbindliche Ziel definiert, „den Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur deutlich unter 2 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten und Anstrengungen zu unternehmen, um den Temperaturanstieg auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, da erkannt wurde, dass dies die Risiken und Auswirkungen der Klimaänderungen erheblich verringern würde“.

Starhlender Sonnenschein an einem Wintertag. Am Braunkohlekraftwerk Neurath steigen große Dampfwolken aus den Kühltürmen auf. © Catazul / Pixabay

Nordrhein- Westfalen will seinen Beitrag zur Erreichung dieser Ziele leisten, die erste klimaneutrale Industrieregion Europas werden und insbesondere bei der Energie- und Wärmewende vorangehen. Ziel ist, das Land bis spätestens 2045 klimaneutral zu machen und die Energieversorgung unabhängig von fossilen Energieträgern aufzustellen. Zentral wird dabei der Einsatz von Erneuerbaren Energien im Energiesektor und in der Wärmeversorgung sowie die Produktion von Wasserstoff mit einer entsprechenden Infrastruktur.

Treibhausgase behindern die Abstrahlung von Wärme ins Weltall und bewirken mit dem Treibhauseffekt die Erwärmung der Atmosphäre. Die wichtigsten Treibhausgase sind CO2, Methan und Lachgas. Weil sich ihre Wirkung auf den Treibhauseffekt stark unterscheidet – das Treibhauspotenzial von Methan ist 28-fach und von Lachgas 265-fach höher als das von CO2 –, gibt man Treibhausgasemissionen in CO2-Äquivalenten an. CO2 sowie ein Teil der Lachgasemissionen entstehen bei der Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle, Erdöl und Erdgas. Methan stammt vorwiegend aus der Landwirtschaft, welche auch den größten Teil der Lachgasemissionen verursacht.

 

Gestapeltes Säulendiagramm: Umweltindikator Treibhausgasemissionen © MUNV NRW

Umweltindikator Treibhausgasemissionen

Im Jahr 2022 wurden in Nordrhein-Westfalen 218,0 Millionen Tonnen Treibhausgase ausgestoßen (12,0 Tonnen pro Kopf). Die Emissionsentwicklung ist durch die Ukraine-Krise, damit verbundene höhere Energiepreise und den vermehrten Einsatz fossiler Energieträger, insbesondere Kohle, geprägt. Der vorläufige Wert für 2023 liegt mit 187,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten deutlich darunter. Gründe sind unter anderem Emissionsminderungen in den Sektoren Energiewirtschaft und Industrie durch den geringeren Einsatz fossiler Energieträger, Produktionsrückgänge und gestiegene Energiepreise. Im Klimaschutzgesetz Nord- rhein-Westfalen sind 3 Ziele fixiert: Im Vergleich zu 1990 soll die Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2030 mindestens 65 % und bis 2040 mindestens 88 % betragen. Bis 2045 soll eine bilanzielle Treibhausgasneutralität erreicht sein.

Leitentscheidung Braunkohle 2023

Im Oktober 2022 verständigte sich das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen zusammen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und dem Energieversorgungskonzern RWE AG auf die Eckpunkte für einen vorgezogenen Braunkohle- ausstieg 2030 im Rheinischen Braunkohlerevier. Um die raumbezogenen Aspekte der Eckpunkteverständigung in Leitlinien für die nachfolgenden Planungs- und Fachverfahren in der Region umzusetzen und weiter zu konkretisieren, hat die Landesplanung eine neue Leitentscheidung vorbereitet. Mit dem nochmals um 8 Jahre vorgezogenen Ausstieg aus der Braunkohleverstromung wird das Ende des Tagebaus Garzweiler deutlich vorgezogen und nur noch die Hälfte des ursprünglich vorgesehenen Abbaufeldes im Tagebau Garzweiler II in Anspruch genommen.

Damit ist Nordrhein-Westfalen Vorreiter für mehr Klimaschutz und spart etwa 280 Millionen Tonnen CO2- Emissionen ein. Zudem können 5 ehemals von Umsiedlung bedrohte Ortschaften erhalten und zu „Orten der Zukunft“ entwickelt werden. Neben wasserwirtschaftlichen Vorgaben zur Gestaltung von naturnahen, vielfältig nutzbaren Seen sowie einer sicheren Versorgung der Region mit Trink-, Öko-, Ausgleichs- und Ersatzwasser wird mit der Leitentscheidung ein Rahmen für eine nachhaltige Rekultivierung der Landflächen vorgegeben. Dabei sollen vor allem die kommunalen Interessen berücksichtigt, eine zukunftsfähige Landwirtschaft ermöglicht, ein Ökosystemverbund vor- gesehen und der Erneuerbare-Energien-Ausbau forciert werden.

Nordrhein-Westfalen unterhält ein Treibhausgasemissionsinventar gemäß den Spezifikationen des Weltklimarates IPCC. Es bilanziert den menschengemachten Ausstoß von CO2, Methan, Lachgas und weiteren klimarelevanten Gasen aus technischen Anwendungen nach Sektoren. Im Jahr 2022 wurden in Nordrhein-Westfalen insgesamt 218,0 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente emittiert (12,0 Tonnen pro Kopf). Die Emissionen lagen somit 40,7 % unter dem Niveau des Referenzjahrs 1990. 44,5 % der Treibhausgasemissionen entfielen auf die Energiewirtschaft, verursacht vor allem durch die Braun- und Steinkohle- sowie Gasverstromung. Weitere bedeutende Sektoren waren die Industrie mit einem Anteil von 24,8 %, der Verkehr mit 14,6 % und Haushalte/Kleinverbrauch mit 11,0 %. Die Landwirtschaft verursachte 3,0 % der Gesamtemissionen, Produktanwendungen wie Kältegase von Klimaanlagen 1,5 %. Flüchtige Emissionen aus Brennstoffen, zum Bei- spiel aus der Mineralöl- und Gaswirtschaft, machten 0,4 % aus, der Abfall hatte einen Anteil von 0,3 %.

Der Rückgang der Treibhausgasemissionen ist über die letzten 10 Jahre statistisch signifikant. Mit Ausnahme der stagnierenden Sektoren Industrie, Verkehr, Produktanwendungen und Abfall zeigten alle Sektoren rückläufige Trends. Die Reduktionen in der Zeitspanne 2013 bis 2019 hingen unter anderem mit einer milden Witterung, der geringeren Auslastung von Kohlekraftwerken und der Abschaltung von Kraftwerksblöcken zur Verstromung fossiler Brennstoffe zusammen – obgleich auch neue Gaskraftwerke in Betrieb gingen. Im Jahr 2020 setzte sich ein deutlicher Emissionsrückgang fort. Ursächlich waren trotz der Inbetriebnahme des Steinkohlekraftwerks Datteln 4 eine sinkende Verstromung von Braun- und Steinkohle sowie die hereinbrechende COVID-19-Pandemie. 2021 stieg dagegen der Treibhausgasausstoß um knapp 8 % gegenüber dem Vorjahr. Erklären lässt sich das mit einer erhöhten Braun- und Steinkohleverstromung wegen einer witterungsbedingt niedrigen Stromeinspeisung aus Windkraftanlagen sowie einer spürbaren wirtschaftlichen Erholung. Im Jahr 2022 wurden der Energieverbrauch und -mix und damit der Treibhausgasausstoß stark geprägt durch die Folgen des Überfalls Russlands auf die Ukraine. Damit verbunden waren der Stopp russischer Gaslieferungen nach Deutschland, Energiepreissteigerungen sowie Vorbereitungen zur Bekämpfung einer drohenden Energiekrise. Einhergehend mit einem kriegsbedingt niedrigeren Wirtschaftswachstum und geringeren Emissionen in den Sektoren Industrie sowie Haushalte/Kleinverbrauch stieg der Einsatz von Stein- und Braunkohle für Strom und Wärme als Ersatz für Erdgas.

Für überregionale Vergleiche ist der Treibhausgasausstoß für 2022 in der nachfolgenden Abbildung visualisiert: Das in die 27 EU- Staaten eingereihte Nordrhein-Westfalen belegt mit seinen Treibhausgasemissionen den siebten Rang.

 

Säulendiagramm: Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union im Jahr 2022 © MUNV NRW

Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union im Jahr 2022

Die 27 EU-Staaten stießen zusammen als weltweit viertgrößter Emittent im Jahr 2022 rund 3.554 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente aus (7,9 Tonnen pro Kopf, Quellenbilanz). Deutschland hatte daran einen Anteil von rund 21 % und war mit rund 750 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten (9,0 Tonnen pro Kopf) ihr größter Emittent. Wird Nordrhein-Westfalen in die Reihe dieser Staaten einsortiert, steht es mit 218 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten (12,0 Tonnen pro Kopf) an sechster Stelle. Weltweit wurden 2022 etwa 53.787 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen (6,7 Tonnen pro Kopf). China war der größte Emittent mit etwa 15.685 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten (11,1 Tonnen pro Kopf), gefolgt von den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) mit etwa 6.017 Millionen Tonnen (18,1 Tonnen pro Kopf) und Indien mit etwa 3.943 Millionen Tonnen (2,8 Tonnen pro Kopf).

Europäischer und Nationaler Emissionshandel

Große treibhausgasemittierende Anlagen aus den Sektoren Energiewirtschaft und Industrie, 460 an der Zahl in Nordrhein-Westfalen, müssen sich am Europäischen Emissionshandel (EU-ETS) beteiligen, dem zentralen Klimaschutzinstrument der EU. Jeder Emittent, der unter den EU-ETS fällt, muss Emissionszertifikate erwerben. Das Angebot an Zertifikaten wird fortlaufend gesenkt, was tendenziell deren Verteuerung bewirken soll. Höhere Zertifikatspreise schaffen Anreize, die Emissionen schneller zu reduzieren. Allerdings bekommen europäische Unternehmen zur Erhaltung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit EU-ETS- Zertifikate größtenteils kostenlos, ihre Stromkosten werden partiell erstattet. Zukünftig werden diese Instrumente des Carbon-Leakage-Schutzes durch einen CO2-Grenzausgleichsmechanismus ersetzt.

Mit einer ähnlichen Logik unterliegen seit 2021 auch die Emissionen aus dem Einsatz von Brennstoffen – vor allem aus den Sektoren Gebäude und Verkehr – dem nationalen Emissionshandel (nEHS): Wenn ein Fahrzeug Benzin oder Diesel nutzt oder für die Heizung Erdgas oder Heizöl verbrannt werden, müssen für die Emissionen Zertifikate vorhanden sein. Ab 2024 unterliegen Emissionen aus der Abfallverbrennung ebenfalls dem nEHS. Die nEHS-Zertifikate müssen von den Unternehmen erworben werden, die diese Brennstoffe verkaufen. Allerdings geben diese die mit den nEHS verbundenen Kosten in der Regel an die Verbraucherinnen und Verbraucher weiter. Ähnlich wie beim EU-ETS gibt es auch beim nEHS die Möglichkeit eines finanziellen Ausgleichs als Härtefallregelung.

Für 2023 beträgt der vorläufige Gesamtwert der Treibhausgasemissionen in Nordrhein-Westfalen 187,5 Millionen Tonnen CO2-Äqivalente (etwa 10,3 Tonnen pro Kopf). Damit zeichnet sich eine kräftige Emissionsreduktion von rund 30,6 Millionen Tonnen oder 14 % gegenüber 2022 und ein Minus von etwa 49 % gegenüber dem Referenzjahr 1990 ab. Besonders stark im Vergleich zum Vorjahr nahmen die Emissionen aus der Energiewirtschaft mit rund 25 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten oder 26 % ab auf rund 72 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Auch der Aus- stoß im Sektor Industrie sank um rund 6 % oder 3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente auf etwa 51 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Wesentliche Einsparungen wurden auch im Sektor Haushalte/Kleinverbraucher erbracht mit einer Emissionsminderung von rund 7 % oder knapp 2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Die Gründe sind vielfältig: Generell dürfte die steigende CO2-Bepreisung über den Emissionshandel als wichtiger Hebel zur Erreichung der gesetzlichen Klimaziele wirken. Ebenso werden die negativen Auswirkungen der Ukraine-Krise, Energiepreissteigerungen und eine gegenüber dem Jahr 2022 um 1,0 % gesunkene Wirtschaftsleistung zu weniger Treibhausgasemissionen beigetragen haben.

De facto sind die Emissionsminderungen beim Sektor Energie durch einen rückläufigen Einsatz von Braun- und Steinkohle sowie Erdgas zu erklären. Dazu kam ein Stromimportüberschuss aus dem Ausland, ein geringerer Bedarf an Fernwärme durch die milde Witterung, der Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie ein erhöhtes Wind- und Wasserdargebot. Die Abnahme der Emissionen in der Industrie korreliert mit dem Rückgang des Produktionsindex in diesem Sektor und die Haushalte/Kleinverbraucher heizten weniger wegen eines milden Winters. Dagegen nahmen die Treibhausgasemissionen im Bereich des Flugverkehrs nach den vorläufigen Zahlen für das Jahr 2023 gegenüber 2022 um knapp 8 % zu, verbunden mit Steigerungen bei den Passagierzahlen und dem Frachtaufkommen.

 

Dekarbonisierung der Mobilität

Mit rund 31,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten im Jahr 2022 verursachte der Verkehr den drittgrößten Anteil der Treibhausgasemissionen in Nordrhein- Westfalen. Obendrein ist der Verkehr für einen erheblichen Teil des Endenergieverbrauchs sowie andere Belastungen wie Stickstoffdioxidemissionen und Verkehrslärm verantwortlich. Gleichzeitig ist der Verkehrssektor eine wesentliche Grundlage für gesellschaftliche Teilhabe und wirtschaftlichen Erfolg. Deshalb sind eine energie- und ressourceneffiziente Mobilität und Logistik (Schiene, Straße, Wasser, Luft) erklärtes Ziel der Politik. Er- reicht werden soll das durch die Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs, die Förderung des Rad-, Fuß- und Schienenverkehrs, eine integrierte Stadt- und Verkehrsplanung sowie eine breite Anwendung elektrischer Fahrzeuge, verbunden mit einem Ausbau der Lade- und Wasserstoffinfrastruktur. Auch die neue Energie- und Wärmestrategie des Landes thematisiert die Mobilitätswende, um die Treibhausgasemissionen zu senken.