Verfrühte Frühlinge und Starkregenereignisse

Die Phänologie befasst sich mit jährlich wiederkehrenden Entwicklungserscheinungen in der Natur. Zur Phänologie liegen lange Zeitreihen vor, die natürlich in enger Beziehung zur Witterung und zum Klima stehen, sodass sie oft zur Analyse von Klimaveränderungen herangezogen werden:

Ein Ast eines Apfelbaums mit vielen weißen geöffneten Blüten. © Uschi Dugulin / Pixabay

In Nordrhein-Westfalen hat sich der Beginn der Apfelblüte, der den Beginn des sogenannten Vollfrühlings markiert, durchschnittlich vom 124. Tag des Jahres in der 30-Jahres-Zeitspanne 1951 bis 1980 um 12 Tage auf den 112. Tag des Jahres im Zeitraum 1994 bis 2023 nach vorne verschoben. Ein früher eintretender Vollfrühling steht beispielsweise für ein höheres, im Obst- und Gemüsebau gefürchtetes Spätfrostrisiko, ein sich ändern- des Rückkehrverhalten von Zugvögeln und teils gravierende Folgen für die Nahrungsbeziehungen in der Natur.

Nordrhein-Westfalen liegt in einer Westwindzone, die geprägt ist von wechselnder Witterung und gemäßigten Temperaturen. Durch den Klimawandel ändern sich die dafür verantwortlichen Rahmenbedingungen. Dies begünstigt extreme Wettersituationen mit außergewöhnlichen Niederschlagsmengen, starken Stürmen, langen Dürreperioden und Hitzephasen: So dürften die Flutkatastrophe im Juli 2021, eine der größten Naturkatastrophen der deutschen Geschichte mit 49 Todesopfern allein in Nordrhein-Westfalen, und die Hitze- und Dürresommer 2018, 2019 und 2022 mit Rekordtemperaturen von bis zu 41,2 °C in Duisburg-Baerl und Tönisvorst noch in Erinnerung sein; ebenso das Menschenleben und Milliardenschäden fordernde Orkantief Friederike im Jahr 2018 und das Pfingstmontag-Unwetter Ela im Jahr 2014 mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 142 Stundenkilometern – um ein paar der jüngsten Extremwetterereignisse in unseren Breiten zu nennen.

 

Liniendiagramm: Umweltindikator Apfelblüte – Beginn des Vollfrühlings © MUNV NRW

Umweltindikator Apfelblüte – Beginn des Vollfrühlings

Das Einsetzen der Apfelblüte markiert den jährlichen Beginn des Vollfrühlings. Die Differenz der Mittelwerte des Blühbeginns der 30-Jahres-Zeiträume 1951 (Aufzeichnungsbeginn) bis 1980 und 1994 bis 2023 beträgt –12 Tage (vom 124. Tag im Jahr, etwa dem 4. Mai, zum 112. Tag, etwa dem 22. April). Der Beginn des Vollfrühlings hat sich also vom Mai in den April verlagert. Eine Trendberechnung über den Gesamtzeitraum 1951 bis 2023 ergibt eine signifikante Verfrühung. Der Indikator zeigt exemplarisch, dass die Ökosysteme auf veränderte Umweltbedingungen reagieren und die Klimaveränderung auch vor Nordrhein-Westfalen nicht haltmacht.

Unwetter hat es schon immer gegeben. Nach dem 6. Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC werden aber mit jedem künftigen Erwärmungsniveau klimabedingte Risiken wie vermehrte extreme Wetterereignisse steigen. Dies scheinen auch extremwertstatistische Untersuchungen von Starkregen in Nordrhein-Westfalen zu bestätigen: Anhand von Niederschlagsaufzeichnungen für eine Zeit- reihe von 1961 bis 2018 wurde eine signifikant steigende Häufigkeit von Starkregenereignissen belegt. Für den relativ kurzen Zeitraum 2001 bis 2023 konnten jedoch für Starkregenereignisse der „Dauerstufe eine Stunde“ mit mehr als 25 Millimetern Niederschlag und der „Dauerstufe 6 Stunden“ mit mehr als 35 Millimetern Niederschlag keine statistisch signifikanten Trends festgestellt werden, für Starkregeneneignisse der „Dauerstufe 24 Stunden“ mit mehr als 50 Millimeter Niederschlag ergab eine Trendanalyse sogar einen fallenden Trend.

 

Säulendiagramm: Niederschlagsextreme – Starkregenereignisse der „Dauerstufe 60 Minuten“ © MUNV NRW

Niederschlagsextreme - Starkregenereignisse der „Dauerstufe 60 Minuten“

Auf Basis hochaufgelöster Niederschlagsdaten von bis zu 159 auf Nordrhein-Westfalen verteilte Messstationen wurde die mittlere Anzahl von Starkregenereignissen in der von relativ kurzen Starkregenereignissen geprägten „Dauerstufe 60 Minuten“ abgeleitet. Die Wertespanne reicht von 0,9 Starkregenereignissen im Jahr 1976 bis zu 4,8 Starkregenereignissen in den Jahren 2007 und 2014. Die durchschnittliche Intensität liegt bei rund 15 Millimetern pro Stunde. Eine Trendanalyse über den Zeitraum 1961 bis 2018 ergibt eine statistisch signifikante Zunahme um 1,1 Starkregenereignisse.