Die Planetare Grenze Klimawandel ist überschritten
Die Planetare Grenze Klimawandel ist überschritten
In dem Papier „Was wir heute übers Klima wissen. Basisfakten zum Klimawandel, die in der Wissenschaft unumstritten sind“ fassen führende Forschungseinrichtungen und Organisationen die Erkenntnisse zum Klimawandel in 20 Worten zusammen: „1. Er ist real. 2. Wir sind die Ursache. 3. Er ist gefährlich. 4. Die Fachleute sind sich einig. 5. Wir können noch etwas tun“
© NASA / Unsplash Jedenfalls hat sich nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft die Atmosphäre nahe der Erdoberfläche in einem Ausmaß erwärmt, wie es zumindest in den letzten 2 Jahrtausenden beispiellos ist. Ebenso ist im Synthesebericht „Climate Change 2023“ des Weltklimarats IPCC nachzulesen, dass menschliche Aktivitäten die globale Erwärmung verursacht haben, vor allem durch die Emission von Treibhausgasen. Dadurch lag die globale Oberflächentemperatur der Erde im 10-Jahres-Zeitraum 2011 bis 2020 um 1,1 °C höher als im Zeitraum 1850 bis 1900. Als Ergebnis sehen wir schmelzende Eisschilde und steigende Meeresspiegel, sich verändernde Luft- und Meeresströmungen, brennende Wälder und sterbende Korallen, Winde mit Orkanstärke und Überschwemmungen, große Hitze und lange Dürreperioden. Weitere Folgen können zerstörte Lebensgrundlagen und Migrationsbewegungen bis hin zu Konflikten und Kriegen sein. Als Hauptursache für den gegenwärtigen Klimawandel gelten die historischen und aktuellen Treibhausgasemissionen nicht natürlichen Ursprungs: vor allem durch das Verbrennen von fossilen Energieträgern, den Landnutzungswandel, nicht nachhaltige Lebensstile sowie Konsum- und Produktionsmuster. Sie erhöhen sukzessive die Treibhausgaskonzentration in der Erdatmosphäre und verstärken den Treibhauseffekt.
Nach dem Konzept der Planetaren Grenzen, das von einem internationalen Wissenschaftsteam um den Resilienzforscher Johan Rockström entwickelt wurde und diesen Bericht wie einen roten Faden durchzieht, ist die Planetare Grenze für den sicheren Handlungsraum bezüglich Klimawandel bereits überschritten. Das Konzept unterteilt den Sektor in 2 Bereiche: den der Konzentration des wichtigsten Treibhausgases in der Atmosphäre, des Kohlendioxids (CO2), und den des globalen Strahlungsantriebs, eines Maßes für die Änderung der Energiebilanz durch die Änderung der Wärmestrahlung auf die Erde. Für diese Bereiche sind Kontrollvariablen als sichere Grenzwerte definiert worden:
Die Planetare Grenze für die CO2-Konzentration in der Atmosphäre ist festgelegt auf 350 Millionstel (englisch: parts per million, ppm). In vorindustrieller Zeit lag die CO2-Konzentration bei 280 ppm, im Jahr 2024 betrug sie 424,6 ppm. Insofern agiert die Welt nach dem Konzept der Planetaren Grenzen im Bereich eines zunehmenden Risikos. Das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung versuchte im Auftrag des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr im Jahr 2021, Nordrhein-Westfalens Druck auf den sicheren Handlungsraum für den Klimawandel beziehungsweise seinen Anteil an der Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels zu beziffern |ì www.umwelt2024.nrw.de/005. Mittels Zahlen des Weltklimarats IPCC und des Ansatzes der globalen Gleichverteilung pro Kopf errechnete es ein Restbudget zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels von maximal 37,5 Tonnen CO2 für jeden Men- schen auf der Welt ab Januar 2021. Entsprechend kalkulierte es als Anteil Nordrhein-Westfalens an der Erreichung des 1,5-Grad-Ziels einen CO2-Ausstoß von maximal 673 Megatonnen CO2. Dieses Budget dürfte bereits Mitte 2024 ausgeschöpft worden sein. Weiter ermittelte das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, dass Nordrhein-Westfalen seinen Anteil an der Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels um das 2-fache überschreitet. Das wurde festgemacht an dem hochgerechneten CO2-Restbudget für das Land und linearen CO2-Emissionsreduktionen, die bis zur Erreichung einer eigentlich erforderlichen CO2-Neutralität für das Land im Jahr 2028 3-mal stärker hätten ausfallen müssen als nach dem seinerzeitigen 10-Jahres-Trend.
Treibhausgaseffekt einfach erklärt
Vereinfacht formuliert trifft das Sonnenlicht als kurzwellige Strahlung auf die Erdoberfläche. Diese wird dadurch erwärmt und gibt langwellige Wärmestrahlung ab. Ein Großteil davon wird von Treibhausgasen und Wolken absorbiert und in alle Richtungen abgestrahlt. Der zur Erde weisende Teil dieser Strahlung erwärmt die unteren Luftschichten und die Erdoberfläche und macht den Treibhauseffekt aus. Treibhausgase bestehen aus Spurengasen und Partikeln, die sich unterschiedlich lange in der Atmosphäre auf- halten. Die wichtigsten Treibhausgase sind Wasserdampf, CO2, Methan und Lachgas.
Der Treibhauseffekt ermöglicht erst das Leben auf der Erde. Ohne Treibhausgase natürlichen Ursprungs und den Treibhauseffekt als Be- standteil des globalen Kohlenstoffkreislaufs läge die Oberflächentemperatur der Erde durch- schnittlich etwa 32 °C niedriger bei etwa –18 °C. Vermehrte Spurengase und Partikel durch menschengemachte Treibhausgasemissionen in die Atmosphäre, insbesondere durch das Ver- brennen fossiler Energieträger und den Landnutzungswandel, führen jedoch zu einer unerwünschten Verstärkung des Treibhauseffekts und zu einer globalen Erderwärmung – dem heutigen Klimawandel.
Die Planetare Grenze für den globalen Strahlungsantrieb wurde auf 1,0 Watt pro Quadratmeter veranschlagt. Im vor- industriellen Zeitalter lag sie bei 0 Watt pro Quadratmeter. Wir befinden uns mit derzeit etwa 2,9 Watt pro Quadratmeter weit jenseits des sicheren Handlungsraums im Hochrisikobereich.
Mit anhaltend hohen Treibhausgasemissionen nicht natürlichen Ursprungs und einer steigenden Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre nähern wir uns immer mehr Kipppunkte im Erdsystem, also einem möglichen Kippen von einem stabilen System in einen anderen Zustand. Bei einem „weiter wie bisher“ drohen gar eine „Heißzeit“ oder ein „Verwüstungsanthropozän“ mit ernsten Folgen für das Leben auf der Erde. Diese Kippunkte scheinen immer mehr in Sichtweite zu kommen. Laut einer Veröffentlichung in „BioScience“ im Oktober 2024 zeigen 25 von 35 wichtigen Vitalparametern der Erde nie dagewesene Extremwerte, Beispiele: Weltweit nahm der Kohle-, Mineralöl- und Erdgasverbrauch im Jahr 2023 erneut zu, so dass die energiebezogenen Treibhausgasemissionen nun erstmalig die Klimawirkung von mehr als 40 Milliarden Tonnen CO2 haben. Der Bestand an wieder- käuenden Rindern, Schafen und Ziegen, die Methan als das zweitwichtigste Treibhausgas ausstoßen, war nie höher als 2023. Der Waldverlust stieg von 228 Quadratkilometern im Jahr 2022 auf 283 Quadratkilometer in 2023. Die Weltmeere hatten noch nie so viel Wärme gespeichert und waren noch nie so sauer wie im Jahr 2023.