Tagtäglicher Flächenverbrauch und Bodenversiegelung
Tagtäglicher Flächenverbrauch und Bodenversiegelung
Der Landnutzungswandel im Sinne von Entwaldungen zugunsten einer Agrarlandschaft ist in Nordrhein-Westfalen Geschichte: Das geschah bereits durch Abholzung und Brandrodung und in den letzten Jahrhunderten, sodass nur noch ein Bruchteil der ursprünglich naturbelassenen Waldflächen mit größtenteils forstwirtschaftlich genutztem Wald bedeckt sind. Dagegen sind in den letzten Jahrzehnten die Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsflächen sowie die Intensivierung der landwirtschaftlichen Flächennutzung charakteristisch.
© Zenbunny / Pixabay Im Jahr 2022 wurden Tag für Tag durchschnittlich 5,6 Hektar Freiraum für Siedlungs- und Verkehrszwecke in Anspruch genommen. Das entspricht einem Flächenverbrauch von rund 2.800 Fußballfeldern in dem Jahr. Dabei ist der Flächenverbrauch durch Bergbaubetriebe, Tagebau, Gruben und Steinbrüche nicht einmal berücksichtigt. Ziel der Landesregierung ist es, die Flächeninanspruchnahme zeitnah auf 5,0 Hektar pro Tag und perspektivisch auf weniger zu reduzieren. Laut Kataster sind mit Stand Ende 2022 die Landwirtschaft mit 46,8 %, der Wald mit 24,8 % (26,9 % nach Landeswaldinventur 2014), die Siedlungen mit 16,8 % und der Verkehr mit 7,0 % die bedeutendsten Nutzungsarten.
© MUNV NRW Umweltindikator Flächenverbrauch: Teilindikator Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche
Die jährliche Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsflächen in Nordrhein-Westfalen bezifferte sich für das Jahr 2022 auf 5,6 Hektar pro Tag. Bis 2015 standen dazu Daten des Automatisierten Liegenschaftsbuchs zur Verfügung. Darauf erfolgte die Umstellung auf das Amtliche Liegenschaftskatasterinformationssystem (ALKIS). Die Werte nach ALKIS sind methodisch bedingt nicht mit den Werten vor der Umstellung vergleichbar. Das Prinzip der Flächensparsamkeit ist die Leitschnur der Landesregierung, deren Ziel es ist, die Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche zeitnah auf durchschnittlich 5 Hektar pro Tag und perspektivisch auch auf weniger Hektar pro Tag durch konkrete Maßnahmen zu reduzieren.
Umdenken beim Thema Moor
In Mooren haben abgestorbene organische Substanzen durch dauerhafte Vernässung und Sauerstoffarmut eine mindestens 30 Zentimeter dicke Torfschicht gebildet. Charakteristisch ist eine Vegetation aus Moosen, Gräsern und Zwergsträuchern. Vitale Moore haben in unseren Breiten etwa einen Millimeter Torfaufwuchs pro Jahr. Moore galten über Jahrhunderte als unheimliche Orte. Viele Mythen ranken sich um sie und die Gefahr, sich durch Irrlichter zu verlaufen oder im Morast zu versinken. Weltweit wurden und werden Moore zerstört durch Entwässerung für die Land- und Forstwirtschaft sowie den Torfabbau für Brennmaterial, Garten- und Blumenerde. Damit sind die Freisetzung großer Treibhausgasmengen und Biodiversitätsverluste verbunden. Bundesweit sollen von rund 18.390 Quadratkilometern Moor etwa 16.460 Quadratkilometer vernichtet worden sein. In Nordrhein-Westfalen schrumpften die Moore auf einen Rest von 13 Quadratkilometern (Katasterangabe, Stand Ende 2022).
Mittlerweile hat man die Bedeutung der Moore erkannt: Als Kohlenstoffsenke für den Klimaschutz, als Wasserspeicher zur Abfederung von Niederschlagsextremen, als Refugium seltener und hochspezialisierter Pflanzen und Tiere. So wurden insbesondere mit Hilfe von EU-Fördermitteln und den vom Land maßgeblich finanzierten Biologischen Stationen wertvolle Moorflächen reaktiviert, zum Beispiel im Großen Torfmoor im Kreis Minden-Lübbecke. Zur Wiederherstellung von Mooren hat das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz ein Fachkonzept erstellt. Es entwickelt außerdem mit dem Geologischen Dienst ein Fachinformationssystem u. a. zur Abbildung von theoretischen Potenzialflächen zur Wiederherstellung von Mooren.
Mit 45,7 % galt im Jahr 2022 knapp die Hälfte der nordrhein-westfälischen Siedlungs- und Verkehrsfläche als versiegelt. Ohne Anrechnung von Berg- und Tagebau, Gruben und Steinbrüchen waren also 10,6 % der Fläche Nordrhein-Westfalens bebaut, betoniert, asphaltiert, gepflastert oder anderweitig befestigt.
Für neue Siedlungs- und Verkehrsflächen werden vor allem Flächen der Landwirtschaft, aber auch Waldflächen in Anspruch genommen. So gehen Böden für die Nahrungsproduktion, den Wasserhaushalt, die Klimaanpassung und die Biodiversität verloren. Zudem werden landwirtschaftliche Flächen für die Kompensation von Siedlungserweiterungen und Verkehrswegebau verwendet. Um die wichtigsten Zahlen für den Zeitraum 2016 bis 2022 nach Umstellung auf das Amtliche Liegenschaftskatasterinformationssystem ALKIS zu nennen: Die Flächen für die Nutzungsart Siedlung vergrößerten sich um 129 Quadratkilometer und für die Nutzungsart Gehölz um 238 Quadratkilometer. Dagegen verkleinerten sich die Flächen der Gewässer um 29 Quadratkilometer, der Landwirtschaft um 367 Quadratkilometer (durchschnittlich 16,8 Hektar pro Tag) und des Waldes um 31 Quadratkilometer.
© MUNV NRW Umweltindikator Flächenverbrauch: Teilindikator Siedlungsfläche pro Einwohner
Im Jahr 2022 belief sich die Siedlungsfläche pro Einwohnerin beziehungsweise Einwohner in Nordrhein-Westfalen rund 305 m². Sie setzt sich unter anderem aus Wohnbau-, Industrie-, Gewerbe- sowie Sportflächen zusammen. Eine Umstellung der Datenerfassung vom Automatisierten Liegenschaftsbuch zum Amtlichen Liegenschaftskatasterinformationssystem im Jahr 2016 brachte Umschlüsselungen und methodische Änderungen mit sich, die keinen direkten Vergleich der Daten vor und nach der Umstellung erlauben. Die Siedlungsfläche pro Kopf ist gegenüber dem Erhebungsbeginn im Jahr 1996 deutlich gestiegen.
Die pro Kopf beanspruchte Siedlungsfläche lag im Jahr 2022 bei 305 Quadratmetern. Der vergleichsweise hohe Wert ist Ausdruck eines anspruchsvollen Lebensstandards, eines ausgeprägten Mobilitätsverhaltens und einer großen Zahl an Single-Haushalten. Das geht einher mit einem steigenden Bestand auf 9,2 Millionen Wohnungen und einer auf 46 Quadratmeter angestiegenen Wohnfläche pro Einwohnerin oder Einwohner in Nordrhein-Westfalen Ende 2022.