Gesundheitsrisiko Umgebungslärm

Als Lärm bezeichnet man Geräusche, die auf die Umwelt und den Menschen störend, belastend oder gesundheitsschädigend wirken.

Schallschutz-Monitoring-Systems auf der  Rennstrecke Bilster Berg im Kreis Höxter © BILSTER BERG / Fotograf: Patrick Meise

Lärm lässt den Menschen vermehrt Stresshormone ausschütten und aktiviert sowohl das vegetative Nervensystem als auch das Hormonsystem. Dies hat Einfluss auf den Blutdruck, die Herzfrequenz und andere Kreislauffaktoren. Solche Kreislauf- und Stoffwechselregulierungen werden weitgehend unbewusst und auch im Schlaf über das autonome Nervensystem vermittelt. Mögliche Langzeitfolgen von dauerhaftem Verkehrslärm reichen von Schlafstörungen bis hin zu Herz-Kreislauf- Erkrankungen einschließlich Herzinfarkt. Eine Studie des Umweltbundesamtes an vorwiegend älteren Menschen ergab, dass das Risiko, in ärztlicher Behandlung wegen Bluthochdruck zu sein, bei denen, die nachts vor ihrem Schlafzimmerfenster einem mittleren Schalldruckpegel von bis zu 55 Dezibel dB(A) oder mehr ausgesetzt waren, fast doppelt so hoch war wie bei jenen, die mit maximal 50 dB(A) belastet waren. Zudem bestätigen neuere Studien auch die Wirkungen von Lärm auf die Psyche wie zum Beispiel das vermehrte Auftreten von Depressionen.

Umgebungslärm steht für Lärmeinwirkungen durch den Straßen-, Schienen- und Flugverkehr sowie die Industrie. Städte und Gemeinden sind durch die EU-Umgebungslärmrichtlinie verpflichtet, alle 5 Jahre Lärmkarten für Ballungsräume, Hauptverkehrsstraßen, Haupteisenbahnstrecken und Großflughäfen zu erstellen. Die Ergebnisse sind im Umgebungslärmportal veröffentlicht. Aufbauend auf die Lärmkarten müssen Lärmaktionspläne erarbeitet werden, mit denen Lärmprobleme geregelt und ruhige Gebiete vor einer Zunahme des Lärms geschützt werden sollen.

 

Ringdiagramme: Umweltindikator Lärmbelastung | Teilindikator Lärmbelastung „Night“ © MUNV NRW

Umweltindikator Lärmbelastung: Teilindikator Lärmbelastung „Night“

Der Lärmindex L Night ist der über alle Nächte des Jahres gemittelte Dauerschallpegel. Der Teilindikator gibt an, wie viele Menschen nachts Schalldruckpegeln von über 55 dB(A) ausgesetzt sind. Die Werte werden aus Daten zu Lärmemissionen, zum Ausbreitungsweg sowie zum Immissionsort berechnet. Laut 4. Runde der Lärmkartierung waren in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2022 nachts insgesamt rund 2,3 Millionen Menschen lärmbelastet. Von ihnen lebten rund 80 % in Ballungsräumen. Die meisten der Betroffenen waren Straßen- und Schienenverkehrslärm ausgesetzt. Ziel der Landesregierung ist es, bis zum Jahr 2030 die Gesamtlärmbelastung in Wohnbereichen deutlich zu reduzieren.

 

In Nordrhein-Westfalen sind rund 2,3 Millionen Menschen nachts Schallpegeln von über 55 Dezibel und rund 1,9 Millionen Menschen während des 24-Stunden-Tags Schallpegeln von über 65 Dezibel ausgesetzt. Nicht selten gibt es Mehrfachbelastungen durch verschiedene Lärmquellen. In der Umgebung von Flughäfen beeinträchtigen besonders Flüge in der Nacht sowie in den Nachtrandzeiten 22:00 bis 24:00 Uhr und 05:00 bis 06:00 Uhr die Anwohnerschaft. Von Fluglärm sind landesweit nachts rund 13.200 Personen mit Schalldruckpegeln über 55 dB(A) betroffen. Der Schutz vor Fluglärm ist insbesondere im Fluglärmschutzgesetz geregelt, dort vorrangig durch passive Lärmschutzmaßnahmen wie baulichen Schallschutz und Nutzungsbeschränkungen. Das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr setzte für die Großflughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn und 6 weitere Flughäfen die Lärmschutzbereiche per Verordnung fest.

 

Ringdiagramme: Umweltindikator Lärmbelastung | Teilindikator „Day, Evening, Night“ © MUNV NRW

Umweltindikator Lärmbelastung: Teilindikator „Day, Evening, Night“

Der Lärmindex LDEN ist der über alle Tage eines Jahres gemittelte Dauerschallpegel. Der Teilindikator gibt an, wie viele Menschen über den 24-Stunden-Tag Schalldruckpegeln von über 65 dB(A) ausgesetzt sind. Die Indikatorwerte werden aus Daten zu Lärmemissionen, zum Ausbreitungsweg sowie zum Immissionsort berechnet. Gemäß der 4. Runde der Lärmkartierung waren rund 1,9 Millionen Menschen betroffen. Der Großteil von ihnen, rund 80 %, lebte in Ballungsräumen. Hauptlärmquellen waren der Straßen- und Schienenverkehr. Wesentlich weniger Menschen waren Flug- sowie Industrie- und Gewerbelärm ausgesetzt. Ziel der Landesregierung ist es, bis zum Jahr 2030 die Gesamtlärmbelastung in Wohnbereichen deutlich zu reduzieren.

60 Dezibel - zweifach so laut wie 50 Dezibel

Das Maß für die Lautstärke ist der Schalldruckpegel, gemessen in dB(A). Flüstern entspricht etwa 30 dB(A), normale Gesprächslautstärke etwa 55 dB(A) und ein laufender Staubsauger rund 70 dB(A). Bei Lautstärken von 80 bis 100 dB(A), wie sie etwa vorbeifahrende Lastkraftwagen und Kreissägen erzeugen, droht bei Dauerlärm bereits ein Gehörschaden, bei etwa 110 dB(A) liegt die Schmerzgrenze. 100 dB(A) sind nicht doppelt so laut wie 50 dB(A), denn die Dezibel-Skala ist logarithmisch aufgebaut. Die Wahrnehmung von Lautstärke ist immer subjektiv, eine Zunahme von etwa 10 dB(A) führt jedoch zu einer gefühlten Lautstärkeverdopplung. Schalldruckpegel von 60 dB(A) werden also als etwa doppelt so laut empfunden wie Pegel von 50 dB(A).

Die WHO veröffentlichte im Jahr 2018 neue Leitlinien für Umgebungslärm. Sie wurden auf der Grundlage aktueller Erkenntnisse erstellt und enthalten Empfehlungen für den Schutz vor Umgebungslärm aus verschiedenen Quellen: Straßenverkehrslärm, Schienenverkehrslärm, Fluglärm und Lärm von Windenergieanlagen. Es werden Lärmpegel genannt, ab denen schädliche gesundheitliche Auswirkungen oder erhebliche Belästigungen zu erwarten sind, und Maßnahmen zur Senkung der Belastung empfohlen. Die WHO-Werte liegen teils erheblich unterhalb der in Deutschland gesetzlich geregelten Immissionsricht- und Immissionsgrenzwerte. Sie sind zwar nicht eins zu eins vergleichbar. Zum einen wer- den unterschiedliche Berechnungsmethoden angewandt. Zum anderen beziehen sich die in Deutschland geltenden Werte jeweils auf die Tag- und die Nachtzeit, während sich die WHO auf die 24-Stunden-Belastung („Day, Evening, Night“) und die Nachtzeit („Night“) beziehen. Dennoch sind sie geeignet, um den dringenden Handlungsbedarf deutlich zu machen. Um Beispiele zu geben: Für neue oder ausgebaute Straßen oder Schienenwege gelten in Wohngebieten hierzulande Immissionsgrenzwerte von 59 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts. An bestehenden Straßen und Schienen gelten diese Werte nicht, Lärmschutz erfolgt hier allein auf Grundlage freiwilliger Lärmsanierungsprogramme. Die Lärm-Auslösewerte hierfür liegen deutlich höher als die genannten Richtwerte. Eine aus gesundheitlicher Sicht gewünschte Anpassung der geltenden Regelungen an die Leitlinien der WHO wurde bislang nicht umgesetzt.

 

Tabelle: Empfohlene Leitlinien für Umgebungslärm und geltende Richt-, Grenz- und Auslösewerte © MUNV NRW

Empfohlene Leitlinien für Umgebungslärm und geltende Richt, Grenz- und Auslösewerte

* Die WHO-Werte sind nicht direkt mit den aufgeführten Immissionsricht-, Immissionsgrenz-, Auslöse und Schutzzonenwerten vergleichbar.